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Lesepredigt vom letzten Sonntag nach Epiphanias

Es geht Etwas zu Ende und es beginnt etwas Neues. 

Mit sicheren Schritten nähert sie sich dem Pult. Sie blinzelt in die Sonne. Das feuerrote Haarband und den gelbe Mantel sie trägt sie mit Stolz. Ihre Augen sie strahlen und sie trägt ein spitzbübisches Lächeln, das ansteckend wirkt. Sie hat mich sofort, selbst durch den Bildschirm hindurch ist ihr Charisma zu spüren. Kraftvoll ist ihre Stimme, fast tanzend der Rhythmus ihrer Worte. Bewegt und bewegend trug sie ihr Gedicht vor. Sie sind rar, Momente solcher Strahlkraft, da eine Woge aus Schmerz und Leid der Hoffnung weicht. Vor fast auf den Tag genau 3 Jahren war so ein Moment. 

 

Denn Gott, der da sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben, dass die Erleuchtung entstünde zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.

 

Kerzen die brennend in einer Sandkiste stecken. Menschen sitzen darum

Es geht Etwas zu Ende und es beginnt etwas Neues. 

Die Tage, werden nun nach dem dunklen Winter endlich wieder länger. Die dunkelste Zeit ist vorrüber. Oder kehrt sie zurück? Es kommt alles wieder. Auch das was nicht wiederkehren sollte. Vor fast auf den Tag genau 3Jahren schaute ich den Stream von der Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten Joe Biden. Eine sehr pathetische Zeremonie. Manchmal ein Stück Zuviel für mich. Aber nach den vier Jahren Trump war da ein Moment bei allen noch sehr präsent. Der Sturm aufs Capitol. Der aufgebrachte Mob der das Herz der amerikanischen Demokratie stürmte. Momente in denen nicht klar war, wie geht es jetzt weiter, wie kann sich ein Land davon erholen. Und da trat sie dann auf, die junge 22 jährige und sie fand Worte – poetische Worte für dieses Gefühl

 

Ein neuer Tag, und wir fragen uns,

Wo wir Licht finden sollen

Im nicht enden wollenden Schatten. 

Unsere Verluste fassen, ein Meer das wir durchschreiten

Wir haben tief in den Abgrund geblickt.

Wir haben gesehen, das Ruhe nicht immer gleich Friede ist.

 

Und Paulus schreibt an die Korinther: Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, auf dass die überschwängliche Kraft von Gott sei und nicht von uns. Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht. Uns ist bange aber wir verzagen nicht. Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Wir werden unterdrückt aber wir kommen nicht um.

Im Vordergrund eine Kerze in einem Windlicht, dahinter Menschen die Kerzen halten auf dem Marktplatz im Dunkeln

Der Apostel Paulus: der Verfasser sovieler Briefe. Die überragenede Gestalt bei der Etablierung des Christentums nach dem Tode Jesu. Was seine Wirkkraft angeht sogar noch größer als Petrus. Denn ohne Paulus wäre der Glaube an den Auferstandenen vielleicht auf den Großraum Israel beschränkt geblieben. Und nicht nur seine Missionstätigkeit macht ihn wichtig, auch was von ihm geblieben ist: seine Briefe und sein theologisches Denken, was in ihnen Ausdruck findet. Und diese Lichtgestalt des frühen Christentums war während seines Lebens gar nicht so unumstritten und konkurrenzlos. In der von ihm gegründeten Gemeinde in Korinth war er nämlich nur einer von vielen. Die Hafenstadt Korinth, sie beherbergte schon damals viele Verschiedene Kulturen. Der Handel brachte Menschen aus allen Teilen des Mittelmeerraums dorthin. Und mit ihnen auch verschiedene Weltanschauungen, Kulte und Philosophische Strömungen. Dies hat Paulus immer wieder in besonderer Weise herausgefordert. Denn er war ja in seinem Auftreten wenig spektakulär und die Gemeinde droht ihm zu entgleiten und sein Einfluss schwindet. Und so ist seine Situation zwar sehr lange her aber doch ganz nah dran an der Situation von Kirche im Jahr 2024. „Bedeutungsverlust“ ein immer wieder gebrauchtes Wort. Andere Sinnstuftungsangebote und die trivialen Medienangebote, Kulturellen Highlights und so viel mehr buhlen um die Aufmerksamkeit der Menschen. Und als Kirche versuchen wir an vielen Stellen mitzuhalten, zu übertrumpfen und auffällig zu sein. Manchmal, so selbstkritisch sollte ich sein, auch nur um aufzufallen.

Und nun der Blick zurück in die Zeit. Zu Paulus und seiner Art des Umgangs mit dieser so ähnlichen Situation. Der selbstbewusste Missionar Paulus, er lässt sich ganz unbeeindruckt gar nicht erst auf einen Wettkampf ein. Freimütig gibt er zu, dass er rhetorisch nicht so geschickt und nicht so zeichenmächtig agierend ist wie die Konkurrenz. Stattdessen sieht er das Schwach sein und das Durchstehen seiner eigenen Leiden als Missionar als Ausdruck seines Geprägtseins vom Gekreutzigen und Auferstandenen her.

 Seine Glaubensgewissheit, sie hilft ihm die zahlreichen Rückschläge und körperlichen Angriffe auf seine Person hinzunehmen. Denn im Kern können sie ihn alle nicht treffen, weil er sich durch die Verbindung mit Jesus Christus getragen weiß.

Und hier kommt vielleicht das Licht aus den Worten des Paulus sowohl für jeden Einzelnen von uns als auch für uns als Kirche insgesamt: du musst dich nicht bemühen herauszustechen – Gott sieht dich sowieso. Vielmehr noch, auch oder gerade in vermeintlichen Tiefpunkten ist Gott dir besonders nahe. 

 

Amanda spricht von der Hoffnung so kraftvoll und klar:

Ein jeglicher wird unter seinem Weinstock und Feigenbaum wohnen ohne Scheu, so steht es in der Heiligen Schrift.

Wenn wir dem Gebot der Stunde genügen und ans Ziel kommen wollen,

Werden nicht Schlachten zu schlagen,

sondern Brückenschläge zu schaffen sein.

So führt der Weg ins versprochene Licht,

den Hügel hinauf, wenn wir uns trauen.

 

Und Paulus ergänzt:

Ich glaube darum rede ich, so glauben wir auch darum reden wir auch. Denn wir wissen, dass der der den Herrn Jesus auferweckt hat, wird uns auch auferwecken mit Jesus und wird uns vor sich stellen samt euch. Darum werden wir nicht müde, sondern wenn auch unser äußerer Mensch verfällt, so wird doch der innere von Tag zu Tag erneuert.

Bild von einem Altar, darauf stehen von links nach rechts: eine Kerze, ein Blumenstrauß, ein Kreuz und drei Kerzen. Davor stehen brennende Teelichter auf dem weißen Tischtuch

Und ich bleibe fragend zurück: woher kommt das Licht in euren Herzen? Lieber Paulus, liebe Amanda? Hoffnungsschneisen schlagende Worte im dunklen Dickicht dieser Welt. Sie finden ihren Weg in mein Herz. Am letzten weißen Sonntag des Weihnachtsfestkreises. Kaum jemand in unserer Stadt weiß das. Ja, heute beginnt die letzte Woche die noch zu Weihnachten gehört. Und hier und da sehe ich noch einen Baum vor der Tür liegen, den der Entsorger vergessen oder der Besitzer zu spät vor die Tür geschafft hat. Wieviel vom Licht der Weihnacht ist verglimmt. Wieviel vom Zauber verströmt. Und in der nächsten Woche geht es schon straff auf die Passionszeit zu.

Es geht Etwas zu Ende und es beginnt etwas Neues. 

Zeit wie Paulus Hoffnung zu schöpfen aus der Gegenwart Gottes auch oder vielleicht gerade in den leidensvollen, dunklen Momenten. Die Sicherheit zu atmen, dass ich in all dem Chaos dieser Welt eine führende Hand habe, der ich vertrauen darf. Eine Hand die mich hervorzieht wenn alles über mir zusammenzustürzen droht.

 

 

Und doch bleibt da soviel, das mich niederdrückt. Die Ansprüche an mich selbst. Die Bilder in den Nachrichten. Der scheinbar unerschöpfliche Hass und Neid in den Medien die sich sozial nennen. Und so gehe ich mit hängendem Kopf und in mich gekehrt den Weg am halleschen Turm vorbei. Und hätte ich den Kopf nicht hängen lassen, ich hätte ihn gar nicht gesehen. Diesen glitzernden kleinen Stern in der Ritze zwischen den Steinen dort vorm Halli. 

Ein silbriger Glanz inmitten des feuchten Graus der Stadt. 

Die Reste vom Feste. Ein Hoffnungsglitzern im Alltagsstaub. 

Eine flüchtige Erinnerung an das Licht der Weihnacht. 

Gott der da sprach Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben. Das Licht ist nun da. Es ist in der Welt. Und wir sind ein Teil davon. Und mit den Worten dieser jungen Frau mit dem feuerroten Haarband und dem gelben Mantel: 

Ein neuer Tag, wir treten heraus aus dem Schatten,

entflammt, unerschrocken.

Ein neuer Morgen dämmert herauf, indem wir es sagen.

Weil da immer Licht ist. 

Wenn wir nur mutig genug sind es zu sehen. 

Wenn wir nur mutig genug sind es zu sein.

Amen

Gehalten von Pfarrer Martin Olejnicki am 28.Januar 2024 im Gemeindesaal St. Jakob

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