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Ernst Barlach, Lesender Klosterschüler (1930)

Predigt zu Hebräerbrief Kapitel 4,14-16

Gnade sei mit euch und Friede, von Gott, unserem Vater, von Christus, unserem Bruder und vom Heiligen Geist, unserem Tröster. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder,

einer Gemeinde die müde geworden ist gilt der schöne Brief, aus dem unser Predigtabschnitt für diesen Sonntag entnommen ist.

Er ist an eine Gemeinde gerichtet, die über die Jahre leergebrannt ist und die Hoffnung verliert,

an eine Gemeinde, die resigniert; die die Zeichen ihrer Hoffnung zurücknimmt und das Feld räumt, es anderen überlässt.

Ganz neue und ungeahnte Herausforderungen kommen auf diese Gemeinde zu – aber Glaube, Liebe und Hoffnung sind in ihr matt geworden, haben sich mit den Jahren verschlissen. Das treibt den Briefschreiber – einen uns unbekannten Christen – dazu, an diese Gemeinde den Hebräerbrief zu richten.

Ich lese uns Verse aus dem 4. Kapitel:

„Weil wir denn einen großen Hohenpriester haben, Jesus, den Sohn Gottes, der die Himmel durchschritten hat, so lasst uns festhalten an dem Bekenntnis.

Denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte mit leiden mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde. Darum lasst und hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben.“

„Lasst und festhalten am Bekenntnis.“ – Das ist der seelsorgerliche Rat des Hebräerbriefes. Dieser müde gewordenen, dieser ihrer selbst nicht mehr gewissen Gemeinde gibt er den Rat: „Lasst uns festhalten am Bekenntnis.“ 

Lasst uns zurückgreifen auf das, was Halt gibt, lasst uns Bekennende Kirche, lasst uns Protestanten im eigentlichen Sinn des Wortes sein. 

Protestanten im ursprünglichen Sinn des Wortes – das ist nicht der profillose Protestantismus, der es allen recht machen und niemanden verärgern möchte und das ist auch nicht der kämpferische Protestantismus, der immer nur deutlich ist in dem, was er ablehnt. Pro-testare heißt ursprünglich: Zeugnis ablegen für etwas, klar und erkennbar zu einer Sache, zu seiner Sache stehen, sich dafür unzweideutig einsetzen.

Weder kritiklose Anpassung noch kompromisslose Ablehnung führt uns aus der resignativen Stimmung heraus, sondern entschlossenes pro-testieren, eindeutiges Zeugnis-Ablegen für die Hoffnung unseres Glaubens. So lautet der Rat dieses seelsorgerlichen Briefes. Und diese Hoffnung fasst er in einem großen Bild: Jesus, der Hohepriester, der die Himmel durchschritten hat.

In seinem Roman: „Die Pest“ beschreibt Albert Camus unsere Welt als eine „Stadt unter einem harten Himmel“. Eine Stadt unter Quarantäne, eine abgeriegelte Stadt ohne Ausgang. Eine Stadt, in der die Menschen nur noch auf sich selbst angewiesen sind. Niemand kommt herein, niemand geht hinaus. Die Stadt ist auf sich selbst zurückgeworfen – ohne Hoffnung auf Hilfe von außen. 

Mir geht das nach als ein treffendes Bild für die Welt, in der wir leben: "die Stadt ohne Gott2, die „Stadt unter einem harten Himmel“.

Jesus, der Hohepriester, der die Himmel durchschritten hat – in diesem großartigen Bild wird spruchreif, wofür wir Zeugnis ablegen – wofür wir pro-testieren: Der harte Himmel, den Camus beschreibt, ist durchlässig geworden. Gott und Mensch sind nicht hermetisch voneinander getrennt. Jesus ist der Hohepriester, der pontifex maximus – der große Brückenbauer zwischen Gott und Mensch. Jesus hat diesen harten Himmel durchschritten und den Brückenschlag zur Erde vollbracht.

In dieser Zeit der lastenden Gottesferne lasst uns festhalten an dem Bekenntnis, dass Gott uns nahe ist. In dieser Zeit des irritierenden Schweigens Gottes lasst und Zeugnis ablegen für sein Wort. Noch nie haben es Menschen so schwer gehabt wie heute, Zugang zu Gott zu finden. Lasst uns dafür einstehen, dass Jesus Christus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist – durch ihn finden wir zu Gott. 

Liebe Schwestern und Brüder,

es ist ein anspruchsvoller Christ, dem wir diesen schönen Hebräerbrief verdanken. Und dieser Christ denkt anspruchsvoll von der Gemeinde, an die er schreibt. Das tut gut. Das ermutigt, das baut auf, weil es auf einem verlässlichen Fundament gründet. Keine Durchhalteparole, sondern Wegweisung: „Lasst uns hinzutreten mit Zuversicht, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben.“

Resigniert nicht – so sagt uns der Hebräerbrief. Nehmt die Zeichen nicht zurück und überlasst das Feld, das ihr beackern sollt, nicht sich selbst, - sondern prosigniert: setzt die Zeichen eurer Hoffnung weit voraus in Gottes verheißungsvolle Zukunft.

"Lasst uns hinzutreten mit Zuversicht" - nicht mit Zweckoptimismus, sondern mit Zuversicht, "damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden", damit sich Gottes Kraft mächtig erweisen kann, "zu der Zeit, da wir Hilfe nötig haben."

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle menschliche Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus – er ist unser Herr. Amen.

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