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Lesepredigt zum letzten Sonntag nach Ephianias

Nur noch ein paar Schritte hier an der Mauer entlang. Ein kurzer Blick auf die Uhr. Genug Zeit. Da ist das Portal. Die Sonne leuchtet schwach hindurch. Ich biege um die Ecke und stehe nun mittig im Portal. Da ist er. Der Anblick, für den ich den Umweg gelaufen bin. Natürlich macht es objektiv eigentlich keinen Sinn eine viertel Stunde hin und eine viertel Stunde zurück zu laufen nur um hier 10 min Mittagspause zu verbringen. Aber im Moment ist mir das egal. Ich gehe durch den kleinen Park. Der Duft der Orangenblüten ist fast ein wenig zuviel des Guten. Der knirschende helle Schotter unter meinen Füßen und der Blick auf die Brüstung und darüber hinaus gerichtet. Am Horizont ist sie zu sehen. Die Kuppel des Petersdoms. Hier im sogenannten Giardino dell’arancie habe ich so manche Mittagspause verbracht. Im Herbst des Jahres 2008. In Rom hat sich seitdem nicht viel verändert. In unserer Welt schon. Mein letzter Besuch führte mir das vor Augen. Denn mein erster Impuls auf diesem Balkon war: schnell ein Foto davon posten wie schön das hier ist…

Kind auf Bootsbug blickt in die Ferne

Predigttext aus Matthäus 17, 1-9

1Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit sich Petrus und Jakobus und Johannes, dessen Bruder, und führte sie allein auf einen hohen Berg. 2Und er wurde verklärt vor ihnen, und sein Angesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. 3Und siehe, da erschienen ihnen Mose und Elia; die redeten mit ihm. 4Petrus aber antwortete und sprach zu Jesus: Herr, hier ist gut sein! Willst du, so will ich hier drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine und Elia eine. 5Als er noch so redete, siehe, da überschattete sie eine lichte Wolke. Und siehe, eine Stimme aus der Wolke sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe; den sollt ihr hören! 6Als das die Jünger hörten, fielen sie auf ihr Angesicht und fürchteten sich sehr. 7Jesus aber trat zu ihnen, rührte sie an und sprach: Steht auf und fürchtet euch nicht! 8Als sie aber ihre Augen aufhoben, sahen sie niemand als Jesus allein. 9Und als sie vom Berge hinabgingen, gebot ihnen Jesus und sprach: Ihr sollt von dieser Erscheinung niemandem sagen, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.

Ein Kirchenfenster durch das die Sonne scheint mit dem Lichtspiel dazu an der Wand

Ich glaube, dass jede und jeder von uns schon solch einen Moment erlebt hat. Den berühmten perfekten Moment. Der bei dem scheinbar alles passt. Manchmal merkt man es erst im Nachhinein und trauert ihm dann nach. Aber hin und wieder merkt man es doch direkt dabei. Und dann ist er unmittelbar auch da, der Impuls, es festhalten zu wollen. Damit er niemals endet. Der Moment zu zweit am Meer. Oder der Moment unter dem Weihnachtsbaum mit der Familie. Ein gutes Essen in guter Gesellschaft. Erinnert euch zurück daran, wie es sich anfühlte. 

So – glaube ich – hat sich Petrus gefühlt. Überwältigt von all dem Licht und endlich sehend, was er bis dahin nur geglaubt hat. Den Propheten und den Führer seines Volkes und seinen Meister Jesus an einem Ort zusammen. So viel von dem was er immer nur erträumt hat. Jetzt – in diesem Moment ist es wahr. Und Petrus will es festhalten. Will Hütten für die drei bauen und für immer da oben auf dem Berg bleiben. 

Aber das Perfekte – es ist hier auf Erden immer auch das Flüchtige. 

Das wir nicht zu halten im Stande sind. So sehr wir es auch möchten.

Wenn ihr genau zurück denkt. Lebt so ein perfekter Moment nicht auch ein wenig von seiner Flüchtigkeit? Das Wissen, dass es gleich vorbei sein könnte. Es glättet vielleicht auch einiges. 

Ich glaube es gibt diese perfekten Momente hier auf Erden wirklich. 

Und ich glaube auch, dass sie immer etwas mit Gemeinschaft zu tun haben. 

Selbst der perfekteste Sonnenuntergang, den wir alleine erleben, er wird übertroffen wenn wir nicht alleine sind. Manchmal kann das auch Gott sein. Momente wo wir seine Nähe ganz intensiv spüren, sind solche perfekten Momente. Offenbarungen im wörtlichsten aller Sinne. 

Und ich bin auch ganz fest überzeugt. Das diese perfekten Momente immer nur ein Vorgeschmack auf das sind, was Gott für uns an seinem Tisch am Ende der Zeiten bereitet hat. Bis dahin, jage ich ihnen nach. Hänge mich an sie wenn sie da sind. Und erwarte sie sehnsüchtig.

Ein schwerer Holztisch auf einer Wiese, dahinter Blick in die Landschaft des Burgund

Es ist nicht so – so ehrlich muss ich sein – dass ich von meinem Lieblingsplatz im Jahr 2008 keine Fotos gemacht habe. Dutzende um ehrlich zu sein. Eines ist vorne auf dem Menu zu sehen. Und ich habe damals mit meinem ersten iphone auch einige direkt ins Netz geschickt. Aber, und das weiß ich noch ziemlich genau, es war nicht mein erster Impuls damals. Der Wunsch das flüchtige schöne – dem man zurufen möchte: Verweile doch du bist so schön – es lässt sich nämlich nicht halten mit Smartphone und Posts im Internet. Und doch: die Fotos von damals sie erzeugen bei mir beim  Betrachten immer noch ein warmes Gefühl der Sehnsucht und des Glücks. So sehe ich auch biblische Geschichten, als Erinnerungsfotos, die von solchen vollkommenen Momenten mit Gott zeugen und mir einen Eindruck geben sollen, wie es sein könnte, wenn ich mich auf diese Beziehung ganz einlasse.

Amen

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